Illustrierte Filmbühne Nr. 226 (E. S.) – Als Captain Boycott im Jahr 1948 in den Kinos der britischen und amerikanischen Zone anläuft, können sich viele so genannte „Städter” ein gutes Bild von den Problemen der Landbevölkerung machen, haben sie doch als „Evakuierte” lange Zeit in Dörfern gelebt. Deshalb sind ihnen die Vorkommnisse in dem englischen Film nicht ganz fremd. Denn Differenzen zwischen Großbauern einerseits und kleinen Landwirten sind auch da – wenn auch in abgemilderter Form – immer wieder aufgetreten.
Im Mittelpunkt von Captain Boycott steht ein weitaus größeres Problem. Es geht um den Widerstand irischer Landpächter und Landarbeiter gegen die massive, brutale Unterdrückung und Ausbeutung durch die Großgrundbesitzer, exzessiv vorgeführt vom adligen Earl of Erne und seinem recht rüden Verwalter und Geldeintreiber Charles Boycott (Cecil Parker). Es ist ein höchst sozialpolitischer Film, allerdings eingebettet in einer ziemlich am Rande des Geschehens spielende Liebesgeschichte zwischen dem patriotischen Landwirt Hugh Davin (Stewart Granger) und der hübschen Anne Killain (Kathleen Ryan). Schauplatz des Geschehens ist Irland im Jahr 1880, als ein schon länger schwelender Konflikt offen ausbricht, weil das schlechte Wetter dem Land eine Missernte beschert hat. Der Earl of Erne und auch Captain Boycott bleiben vom Wunsch nach einer Pachtminderung ziemlich unberührt. Charles Boycott selbst – ein ehemaliger, strammer englischer Armeeoffizier – reagiert stattdessen mitleidlos mit Räumungsbefehlen, setzt Arbeiter aus der Stadt Ulster als Erntehelfer ein und lässt diese durch Soldaten beschützen. Captain Boycott weiterlesen